Nachdem ich kürzlich erst „Gray“ gelesen habe, hat es mich erneut zu Leonie Swann gezogen. „Dunkelsprung“ habe ich bereits vor einigen Jahren gelesen, aber ein zweiter Besuch beim Flohzirkus hat sich definitiv gelohnt. Das Buch ist noch immer unterhaltsam verrückt und schräg und voller Flausen.
Anders als die beiden Schafbücher und „Gray“ hat „Dunkelsprung“ eine ziemlich große Besetzungsliste und ist gut gefüllt mit Prota- und Antagonisten, und auch der Plot ist durch die vielen Agierenden deutlich wuseliger als bei den anderen Büchern. Im Fokus stehen Julius Birdwell, Flohzirkusdirektor, und seine Artisten, allen voran natürlich der namensgebende Lazarus Dunkelsprung, aber auch Tesla, Cleopatra, Freud, Zarathustra und die 27 anderen Flöhe sollen gebührend gewürdigt werden. Flöhe sind wahrhaft keine einfachen Charaktere für eine Autorin und ich bin auch beim zweiten Lesen zutiefst von ihren Charakteren und natürlich den blutigen Floh-Hymnen beeindruckt.
Weitere Mitspieler sind eine Nixe, ein Privatdetektiv namens Green (oder Black?), ein reptilienartiges Wesen mit dem Kosenamen „das Legulas“, dazu die mysteriöse Elizabeth, die hübsche Odette – und der Hauptgegenspieler Fawkes, Bühnen-Wunderwirker mit langer, fantastischer Hintergrundgeschichte.
Und das waren noch längst nicht alle Figuren. Da sind wir auch schon beim einzigen Problem, das ich mit diesem Buch habe: Es ist zu voll, oder aber es ist zu kurz. Die ganzen tollen Ideen, die komplexen Figuren mit ihren ebenso komplexen Wünschen, Hintergründen und Interaktionen, haben einfach zu wenig Raum. Das Buch kommt mir streckenweise unfreiwillig schnell und oberflächig vor, etliches hätte ich gerne mehr erforscht.
Nichtsdestotrotz ist es ein umwerfendes Leseerlebnis und meine Kritik ist Jammern auf sehr hohem Niveau. Wer allerdings noch nie etwas von Leonie Swann gelesen hat, dem würde ich doch eher zu „Glennkills“ oder „Gray“ als Einstieg raten, da die Bücher kompakter und in sich schlüssiger sind und einfach rundere Lesereisen darstellen.
